Der berühmte Wissenschaftler und Naturforscher Alexander von Humboldt soll diese einfache Kräutersuppe sehr geschätzt haben und aß sie nach Möglichkeit im Frühjahr mehrere Wochen lang.


Was naturbewussten Menschen heute (wieder) offensichtlich erscheint, war zu Lebzeiten von Alexander von Humboldt eine nahezu revolutionäre Erkenntnis: „In der Natur ist alles Wechselwirkung“ – also abhängig voneinander und in einem System miteinander verbunden. Daraus ergibt sich das Verständnis, dass man auf der Erde nichts isoliert betrachten sollte und dass das (massive) Eingreifen des Menschen in die Zusammenhänge und Wechselwirkungen der Natur fatale Folgen hat – nicht zuletzt für die Menschheit selbst.
Obwohl der Universal-Wissenschaftlicher viele Länder bereist und dabei auch unglaublich viele Pflanzen gesehen, erforscht und dokumentiert hat, hatte er doch einen starken Bezug zu seiner heimischen Flora. Das zeigt sich nicht zuletzt in der Wertschätzung, die er den „einfachen Wildkräutern“ entgegenbrachte, aus denen er im Frühjahr eine frische Suppe zubereitete (oder wahrscheinlich eher zubereiten ließ). Diese heimischen Kräuter sind für eine Frühjahrkur bestens geeignet, sie enthalten viele Vitamine, Mineralien und Spurenelemente und tragen dazu bei, den Stoffwechsel nach einem langen Winter anzukurbeln und die Müdigkeit zu vertreiben.


Zu den Wildkräutern, aus denen die Humboldt’sche Frühlingssuppe zubereitet wurde, zählen nach unterschiedlichen Quellen:
- Gänseblümchen
- Gundermann
- Sauerampfer
- Schafgarbe
- Spitzwegerich
- Löwenzahn
- Brennnessel
- Labkraut
- Vogelmiere, Pimpinelle, Brunnenkresse, Bärlauch, Knoblauchrauke, Scharbockskraut…
Die ersten acht Kräuter sind ab dem zeitigen Frühjahr in unseren Breitengraden quasi überall zu finden: auf Wiesen, an Wegrändern, in Gärten und Feldern. Das Gänseblümchen – Bellis perennis – macht seinem lateinischen Namen die Ehre und blüht fast das ganze Jahr über, die anderen Wildkräuter haben dagegen im Frühjahr noch keine Blüten, aber dafür sind ihre Blätter wunderbar zart und wohlschmeckend.
Die Verfügbarkeit des neunten Krauts hängt ist eher von besonderen Standorten abhängig als bei den anspruchsloseren „Lebenskünstler-Universal-Kräutern“: Die Brunnenkresse braucht ein frisches Gewässer, der Bärlauch ein schattiges Plätzchen, die Vogelmiere eine Brachfläche und das Scharbockskraut ist ein früher Besucher, der sich zeitig wieder zurückzieht.
Letztendlich kommt es bei der Zusammenstellung der Kräuter für die Suppe auch nicht darauf an, welche Kräuter genau hineinkommen, denn es handelt sich dabei nicht um eine standardisierte Fertigsuppen-Zubereitung der Lebensmittel-Industrie, die immer genau gleich schmecken und aussehen muss. Vielmehr geht es um eine Suppe aus den Wildkräutern, die gerade verfügbar sind – das heißt: quasi vor der Haustüre wachsen und auf so kurzem Weg und so frisch wie möglich in den Kochtopf wandern.


Viel wichtiger als die genauen Angaben zur Art der verwendeten Kräuter war lange Zeit deren Anzahl. Neun verschiedene Wildpflanzen sind es, die den Überlieferungen nach in einer „Neunkräuter“-Suppe verwendet werden. Die Tradition reicht zurück bis in germanisches Brauchtum. Die Zahl 3 galt bereits in vorchristlicher Zeit als heilig. Da sich die Zahl 9 aus 3 x 3 ergibt, kommt ihr eine besondere, magische Bedeutung zu.
Der Brauch der Neunkräuter-Suppe hat sich bis heute in einigen Regionen gehalten und findest sich vor allem in der Osterzeit wieder, zum Beispiel in der „Gründonnerstags-Suppe“. Die Zusammensetzung der Kräuter kann variieren, manchmal von Ort zu Ort oder von Familie zu Familie.
Es gibt also viele Namen und Variationen von Humboldts Frühlingssuppe, aber eines sollte für alle gelten: die Kräuter werden sehr fein gehackt und so kurz wie möglich gekocht, damit ihre wertvollen Inhaltsstoffe weitgehend erhalten bleiben.


Frühlings-Kräutersuppe
Zutaten für 4 Portionen:
1 Strauß Wildkräuter (siehe oben)
1 EL Butter oder Pflanzenfett
1 kleine Zwiebel oder Schalotte
1 geh. EL Mehl, fein
900 ml Wasser
1/2 TL Salz oder 1 TL gekörnte Gemüsebrühe
Pfeffer, frisch gemahlen
Nach Belieben:
2 Eier oder 100 ml Sahne
Zubereitung:
Die Zwiebel oder Schalotte schälen und sehr fein würfeln.
In einem Topf die Butter zerlassen, die Zwiebelwürfel darin kurz andünsten und dann das Mehl dazu geben. Unter Rühren eine helle Mehlschwitze herstellen und diese mit 1/4 l Wasser ablöschen, bevor sie zu Bräunen beginnt. Weiterrühren und die Flüssigkeit dabei aufkochen lassen. Dann das restliche Wasser dazugeben und erneut zum Kochen bringen. Die Suppen-Grundlage mit Salz/Gemüsebrühe und Pfeffer abschmecken.
Die Kräuter waschen, ein paar Gänseblümchen zur Seite legen und die übrigen Kräuter sehr fein hacken. Den Topf mit der Suppe vom Herd nehmen und nach Belieben entweder Sahne dazu geben oder zwei verquirlte Eier unter kräftigem Rühren hineingeben und kurz stocken lassen. Dann die Kräuter unterrühren und die Suppe sofort mit Gänseblümchen garniert servieren.
Tipp: Wenn die Suppe ohne Ei-Legierung zubereitet wird, kann man sie auch püriert servieren. Wer die Suppe gerne cremiger mag, nimmt 2 EL Butter und 2 EL Mehl für die Mehlschwitze.


Außer in einer Suppe kommt das volle Potenzial der Wildkräuter im Frühling natürlich auch in einer grünen Soße, Pesto, Dip, Aufstrich oder Kräuter-Essig zur Geltung. Dazu finden sich auch verschiedene Rezepte auf dem Blog.
Wichtiger Hinweis: Wildpflanzen und andere Pflanzen dürfen nur als Lebensmittel verwendet werden, wenn sie 100%ig sicher bestimmt werden können! Für die sichere Erkennung unbedingt zuverlässige Bestimmungsbücher zu Rate ziehen und an Wildpflanzen-Führungen und -Schulungen teilnehmen. Die Verwechslung mit giftigen Doppelgängern muss ausgeschlossen werden können!
Auch für die äußerliche Anwendung von Wildpflanzen ist eine absolut sichere Bestimmung Voraussetzung. Selbst für Dekorationszwecke, insbesondere für Tischdekoration sollten nur ungiftige Wildpflanzen verwendet werden.
Außerdem unbedingt die Vorschriften zum Naturschutz beachten und nur nachhaltig sammeln! Unter Schutz stehende Wildpflanzen dürfen nicht gesammelt werden!
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