„Birdweaving“ wird diese Technik zur Herstellung von Körben und Schalen auch genannt, denn das Ergebnis sieht nicht nur einem kunstvollen Vogelnest ähnlich, es wird auch nach dem gleich Prinzip hergestellt.


Im Winter, wenn die Weide (Salix) ihre Blätter abgeworfen hat, erkennt man das filigranes Geflecht des Baumes oder Strauches besonders gut. Diese Äste und Zweige eignen sich wegen ihrer hohen Biegsamkeit besonders gut zum Korbflechten – selbst wenn es kein Korb im üblichen Sinne ist. Aber auch die Zweige andere Bäume und Sträucher können für diese Technik verwendet werden (mehr dazu weiter unten).


Besonders faszinierend an dieser Technik ist, dass es eigentlich gar keine ist, vielmehr ein zufälliges Verweben von pflanzlichem Material, das dennoch eine stabile Form bildet. Noch faszinierender ist, dass die viele Vogelarten diese Technik beherrschen und auf diese Weise Nester in luftigen Baumkronen, auf kargen Felsen oder auf dem Wasser bauen.
Manche Vogelarten sind darin besondere Meister und werden deshalb auch „Korbmacher“ oder „Flechter“ genannt, wie zum Beispiel Drosseln oder Ammern, oder sogar „Weber“, wie Rotkehlchen und Gartenrotschwanz, die besonders kunstvolle Nester fertigen.
Welches Material die Vögel verwenden, hängt von der Art ab und davon, was sie in ihrem Lebensraum finden. Viele nutzen Zweige, Wurzeln und Grashalme, die entweder schon abgebrochen auf dem Boden liegen oder mit dem Schnabel abgebrochen werden. Diese werden zum Nestbauplatz transportiert und direkt verbaut. Wenn das Nest stabil ist, polstern einige Vogelarten es noch weiter aus, beispielsweise mit Moos, weichen Samen oder Haaren von Tieren. Manche verwenden beim Bau sogar ganz gezielt bestimmte Kräuter mit ätherischen Ölen oder Gerbstoffen, da diese das Nest und damit auch die Brut vor schädlichen Keimen schützen können.


Wenn Gärten naturnah gestaltet sind und im Winter nicht alles zu stark zurückgeschnitten und abgeräumt wird, hilft es den Vögeln, Material für den Nestbau zu finden, denn sie brauchen vor allem dünne Zweige und feine Pflanzenteile.
Statt durch den Häcksler gejagt und kompostiert zu werden, bieten sie sich dementsprechend auch für eine „Vogelnest“-Schale an – am besten im Januar oder Februar, wenn die Sträucher kein Laub haben und ohnehin zurückgeschnitten werden müssen. Neben allen Weidenarten eignen sich zum Beispiel auch die Zweige von Haselstrauch, Hartriegel oder Birke sowie die Ranken von echtem oder wildem Wein. Optisch besonders attraktiv sind Zweige von sogenannten „Korkenzieher“-Varianten. Wichtig ist, dass die Zweige möglichst lang (40-60 cm), gleichmäßig dünn und unverzweigt sind. Außerdem müssen sie biegsam sein, ohne dabei zu brechen. Wenn die verwendeten Zweige Seitentriebe haben, müssen diese vor der Verarbeitung mit der Gartenschere möglichst knapp abgeschnitten werden. Sträucher mit einer besonderen Farbvariante sind natürlich auch interessant, wie z.B. rote Korkenzieher-Weide oder gelber Hartriegel.


Wieviel Material benötigt wird, hängt von der Größe der Schale ab, die daraus geflochten werden soll. Umgekehrt kann aber auch die Menge des verfügbaren Materials die Größe des Projekts bestimmen. Für die hier gezeigte Schale mit einem Durchmesser von ca. 30 cm wurden ca. 500 g frische Zweige verwendet. Die Zweige haben eine Stärke von 2-7 mm.
Zu Beginn werden ein paar (ca. 20) mittelstarke Zweige herausgesucht und kreuz und quer übereinandergelegt. Anschließend beginnt der eigentliche Flechtvorgang:


Während eine Hand das Wirrwarr durch leichten Druck fixiert, wird mit der anderen Hand ein Ende eines eher unten liegenden Zweiges herausgesucht und über und unter die in der Nähe liegenden Zweige gesteckt. Anschließend wird mit dem anderen Ende dieses Zweiges ebenso verfahren, wobei der Zweig sich nicht gerade, sondern in einer Kurve durch die anderen Zweige fädelt. Dies wird mit weiteren Zweigen wiederholt, bis sich langsam die Grundform (späterer Durchmesser) der Schale erkennen lässt:


Wenn die Grundform (in diesem Beispiel ein Kreis mit einem Durchmesser von ca. 35 cm) steht, können nach und nach weitere und stärkere Zweige eingearbeitet werden. Diese werden grundsätzlich mit dem dickeren Ende voran durch einen Zwischenraum im bestehenden Geflecht abwechseln von unten und von oben gewoben. Dadurch kreuzen sie die schon vorhandenen Zweige im Wechsel oberhalb und unterhalb.
Es geht dabei nicht um Symmetrie oder Regelmäßigkeit, sondern darum, dass sich möglichst alle Bereiche des Flechtwerks gleichmäßig füllen und die neuen Zweige nicht zu lange „frei schweben“, also ohne Kontakt zum bereits verwobenen Wirrwarr sind. Die dünnen Enden der Zweige sollten dabei nach Möglichkeit immer auf der Seite enden, die später die Unterseite der Schale werden soll.


Wenn die Basis stabil und schon relativ dicht ist, kann sie vorsichtig in eine Schalenform gebracht werden. Dafür wird sie mit den Händen immer wieder in die gewünscht Form gedrückt, die dann durch die weiteren Zweige zunehmend fixiert wird.
Wie flach oder tief die Schale werden soll, lässt sich außerdem vor allem dadurch beeinflussen, wie viel Material am Rand noch weiter nach oben eingeflochten wird.
Wenn die Schale die gewünschte Form und vor allem eine gute Stabilität erreicht hat, kann das Gewebe noch mit dünneren, kürzeren Zweigen weiter gefüllt werden. Es kann aber durchaus auch luftig bleiben.


Die fertige Schale von unten und von oben.
Wenn die Schale fertig ist, werden die auf der Unterseite herausstehenden Spitzen der Zweige noch mit der Gartenschere abgeschnitten und die verbleibenden Enden in das Geflecht gesteckt, so dass sie wieder ins Innere hineinragen.


Da die Schale mit frischen Pflanzenmaterial geflochten wird, werden die Zweige beim Trocknen ein wenig schrumpfen. Das sollte die Stabilität eigentlich nicht beeinträchtigen; falls doch, können einfach noch weitere Zweige eingeflochten werden. Diese können zwischenzeitlich ebenfalls getrocknet sein, müssen dann vor der Verarbeitung allerdings, je nach Stärke, mehrere Stunden oder auch einen ganzen Tag eingeweicht werden. Man kann auch für die gesamte Schale getrocknetes und vor der Verwendung wieder eingeweichtes Pflanzenmaterial verwenden. Ich persönlich arbeite jedoch am liebsten mit frischem Material, am besten direkt dann, wenn die Sträucher geschnitten werden oder nach einem Sturm viele Zweige heruntergefallen sind (vor allem bei der Birke).
Andere Beispiele für Körbe und Schalen aus heimischem Pflanzenmaterial sind zum Beispiel:
Korb aus Birkenreisig
Korb aus Schwertlilien-Blättern
Korb aus Brombeerranken
Schale aus Kratzbeerenranken
Deko- und Nistkugel

Wichtiger Hinweis: Wildpflanzen und andere Pflanzen dürfen nur als Lebensmittel verwendet werden, wenn sie 100%ig sicher bestimmt werden können! Für die sichere Erkennung unbedingt zuverlässige Bestimmungsbücher zu Rate ziehen und an Wildpflanzen-Führungen und -Schulungen teilnehmen. Die Verwechslung mit giftigen Doppelgängern muss ausgeschlossen werden können!
Auch für die äußerliche Anwendung von Wildpflanzen ist eine absolut sichere Bestimmung Voraussetzung. Selbst für Dekorationszwecke, insbesondere für Tischdekoration sollten nur ungiftige Wildpflanzen verwendet werden.
Außerdem unbedingt die Vorschriften zum Naturschutz beachten und nur nachhaltig sammeln! Unter Schutz stehende Wildpflanzen dürfen nicht gesammelt werden!
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