Sauerteig zum Backen zu verwenden hat sehr viele Vorteile gegenüber Hefe und Backpulver. Und es ist gar nicht so schwierig, wie es auf den ersten Eindruck scheint. Er hat in unserer schnelllebigen Welt nur einen entscheidenden Nachteil: er braucht Zeit. Warum ist es trotzdem sinnvoll, sich diese Zeit zu nehmen?


Die Antwort auf diese Frage ist erst einmal einfach: weil Sauerteig das Brot für den menschlichen Organismus bekömmlicher macht. Das liegt vor allem daran, dass Getreide – ähnlich wie die meisten Pflanzen – sekundäre Pflanzenstoffe bildet. Diese erfüllen verschiedene Zwecke, unter anderem schützen sie die Pflanze vor Krankheiten und Fraßfeinden. Einer der bekanntesten dieser Stoffe im Getreide ist Gluten, das auch für den Menschen nicht ganz unproblematisch ist.
Einen Sauerteig herzustellen bedeutet, dass das Getreide mit Hilfe von Mikroorganismen, vor allem Milchsäurebakterien und natürlichen Hefen, fermentiert und dadurch Inhaltsstoffe ab- oder umgebaut werden. Die Mikroorganismen ernähren sich dabei von Kohlenhydraten, die als Stärke im Mehl enthalten ist. So wird z.B. während des Gärens Gluten teilweise abgebaut – je nach Dauer der Fermentation bis zu 90%. Auch andere, für das menschliche Verdauungssystem nicht brauchbare oder gar belastende Inhaltsstoffe (z.B. FODMAPs, Phytinsäure), werden durch die im Sauerteig enthaltenen, lebendigen Mikroorganismen reduziert.


Neben dem Abbau problematischer Inhaltsstoffe entstehen bei der Fermentation auch viele Aromastoffe und vor allem Kohlendioxid, das als Gas dafür sorgt, dass der Teig „aufgeht“.
Nun reicht es leider nicht aus, zu einer fertigen Backmischung einfach einen Beutel flüssigen Sauerteig zu geben, diesen 20 Minuten gehen zu lassen und dann zu backen. Dadurch erreicht man im besten Falle einen Sauerteig-Geschmack, aber keinen der oben beschriebenen Vorteile. Denn die Fermentation braucht eben Zeit. Und weil Zeit Geld ist, gibt es auch kaum noch richtiges Sauerteig-Brot zu kaufen. Fast alle Backwaren werden mit Hefe (und oft auch vielen Zusatzstoffen) zubereitet, damit sie schnell das optimale Volumen erreichen, gut aussehen und mit wenig Zeit-, Personal- und Lagerbedarf verkauft werden können. Aber das heißt noch lange nicht, dass sie deshalb auch gut für uns sind.
Ein gutes Sauerteig-Brot benötigt, in mehreren Schritten, mindesten 10 Stunden zum Reifen, es können aber auch 24 – 48 Stunden sein. Das heißt natürlich nicht, dass man die ganze Zeit Arbeit damit hat, aber man muss die Ruhephasen mit einplanen. Ein Sauerteig-Brot lässt sich zwar nicht schnell herstellen, aber es ist dafür umso länger haltbar. Ein gut fermentiertes Brot trocknet nicht so schnell aus wie z.B. Hefegebäck. Wird es außerdem noch mit „Brotgewürzen“ angereichert, wird es noch bekömmlicher und haltbarer. Zu den klassischen Brotgewürzen zählen Kümmel-, Fenchel-, Anis- und Koriander-Samen. Alle vier sind Doldenblütler und haben einige äußere Merkmale sowie auch Inhaltsstoffe gemeinsam. Sie enthalten relativ starke ätherische Öle, die u.a. appetitanregend und krampflösend sind und sich beruhigend auf das Verdauungssystem auswirken.


Vor allem Fenchel (Foeniculum vulgare), der ursprünglich vor allem im Mittelmeer-Raum verbreitet ist, kommt auch in unserer Region relativ häufig wild vor. Bei der Wildsammlung ist allerdings, wegen der Verwechslungsgefahr mit ähnlich aussehenden, giftigen Doldenblütlern, besondere Vorsicht geboten. Man kann alternativ auch einen Beutel Fenchel-Tee aufschneiden, die Menge entspricht etwa einem Esslöffel. Für das Brot können die Samen entweder ganz oder gemahlen verwendet werden.
Wie man einen Sauerteig-Ansatz aus Mehl und Wasser selbst herstellt, wird in einem separaten Beitrag beschrieben. Um erst einmal mit einem Brot zu starten, kann man entweder beim Bäcker seines Vertrauens fragen, ob mein eine kleine Menge seines – oft schon über Generationen sorgfältig gehegten – Sauerteigs bekommen kann (50-100g reichen aus), oder man nimmt einen Flüssig-Sauerteig aus dem Supermarkt als Starter und gibt ihm genug „Futter“ und Zeit, um richtig arbeiten zu können.
Dafür ca. 50g Sauerteig-Starter (von früherem Sauerteig, vom Bäcker oder Flüssig-Sauerteig) mit 75g Roggenmehl und 75ml lauwarmem Wasser mischen und so lange bei Zimmertemperatur stehen lassen, bis sich das Volumen verdoppelt hat (ca. 4 Stunden). Das ergibt das Sauerteig-Anstellgut.


Sauerteig-Brot mit Fenchel-Samen
Zutaten für 1 großen Laib oder 2 kleine Laibe:
200g Sauerteig-Anstellgut (siehe oben)
1/4 Würfel frische Hefe (oder ¼ Päckchen Trockenhefe)
650 ml lauwarmes Wasser
650 g Roggenmehl, Typ 1150 oder Roggenvollkornmehl
300 g Weizenmehl (ggf. auch mehr)
20 g Salz
3-4 EL Fenchel-Samen, alternativ Kümmel-, Anis- und Koriander-Samen; (ganz oder gemahlen) – es geht aber auch ohne Gewürze


Zubereitung:
Sauerteig-Anstellgut, Hefe, lauwarmes Wasser und das Roggenmehl ca. 10 min lang mit den Knethaken der Küchenmaschine gut vermengen. Den recht feuchten Teig-Ansatz in der mit einem sauberen Tuch abgedeckten Schüssel und an einem warmen Ort mindestens 8 Stunden (am besten über Nacht) stehenlassen. Der Teig sollte sich anschließen ca. verdoppelt haben (das hängt auch oft von der Zimmertemperatur bzw. vom Klima ab).
Danach das Weizenmehl, das Salz und die Gewürze zugeben und gut einarbeiten. Der Teig sollte dann nicht mehr kleben und nicht zu feucht und nicht zu trocken sein, deshalb bei Bedarf mehr Wasser oder mehr Weizenmehl dazu geben. Den Teig ca. 10 Minuten ruhen lassen, dann mit den Händen gut durchkneten (falten und ziehen) und anschließend in die gewünschte Form bringen (z.B. in einen großen, runden Laib formen oder 2 kleinere ovale) und in passende Gärkörbchen oder Form legen.
Den geformten Teig 1-2 Stunden abgedeckt gehen lassen, bis er sein Volumen erneut deutlich vergrößert hat.
Den Backofen auf möglichst auf 250°C (Pizzastufe, ggf. mit Backstein) vorheizen und dazu eine flache, mit kochendem Wasser gefüllte Schale in den Ofen stellen.
Die Brote auf den Backstein oder ein mit Backpapier ausgelegtes Backblech stürzen, mit einem scharfen Messer die Oberseite einritzen. Nach 10 min die Temperatur auf 185°C reduzieren und das Brot in ca. 1 Std. fertig backen. Das Brot ist fertig, wenn es sich hohl anhört, wenn man auf die Unterseite klopft.


Sauerteig-Brote, die mit einem hohen Roggen-Anteil und Brotgewürzen angesetzt werden, sind vor allem in Süddeutschland verbreitet. Dort werden so auch häufig noch im Holz- oder Steinofen gebacken. Um diesen Effekt zuhause ein wenig nachzuahmen, lohnt es sich, einen Pizzastein im Backofen zu verwenden und ihn sehr gut aufzuheizen, bevor das gut aufgegangene Brot darauf gestürzt wird.
Wichtiger Hinweis: Wildpflanzen und andere Pflanzen dürfen nur als Lebensmittel verwendet werden, wenn sie 100%ig sicher bestimmt werden können! Für die sichere Erkennung unbedingt zuverlässige Bestimmungsbücher zu Rate ziehen und an Wildpflanzen-Führungen und -Schulungen teilnehmen. Die Verwechslung mit giftigen Doppelgängern muss ausgeschlossen werden können!
Auch für die äußerliche Anwendung von Wildpflanzen ist eine absolut sichere Bestimmung Voraussetzung. Selbst für Dekorationszwecke, insbesondere für Tischdekoration sollten nur ungiftige Wildpflanzen verwendet werden.
Außerdem unbedingt die Vorschriften zum Naturschutz beachten und nur nachhaltig sammeln! Unter Schutz stehende Wildpflanzen dürfen nicht gesammelt werden!
Du muss angemeldet sein, um einen Kommentar zu veröffentlichen.