Früher eine alltägliche, heute eine fast vergessene Beilage: der Serviettkloß ist eine hervorragende Resteverwertung für altbackenes Brot und macht eine ganze Großfamilie satt. Mit frischen Wiesenkräutern wird er zur Delikatesse.


Ein Serviett-Kloß oder auch Servietten-Knödel wird, wie der Name schon vermuten lässt, in einem großen Stofftuch (ja, früher war Servietten aus Stoff ;-)) gekocht. Das hat den Vorteil gegenüber einzelnen, kleinen Klößen oder Knödeln, dass man eine große Menge Teig auf einmal zubereiten kann und dieser beim Kochen auch nicht auseinander fällt (was bei Semmelknödeln – sofern sie nicht im Plastik-Kochbeutel gegart werden – gerne passiert).
Der Serviettkloß hat in mehreren Regionen Mitteleuropas, insbsondere Thüringen, Franken und Böhmen, Tradition und wurde vor allem bei Festen, an denen viele Leute bekocht werden mussten, zubereitet. Auch heute findet man ihn dort noch gelegentlich bei größeren Anlässen, da auch die Gastronomie festgestellt hat, dass der Serviettkloß eine effiziente Zubereitung für mehrere Portionen ist. Meist wird der Kloß – bzw. eine Scheibe davon, da er ja so groß ist – als Beilage zu einem deftigen Gericht mit viel Soße gegessen, z.B. zu Gulasch oder Braten. Für eine vegetarische Variante bietet sich ein Pilzgulasch an.
Wer also auf das Convenience-Food in Plastik verzichten und den Genuss dennoch nicht missen möchte, der greife nach einer großen Stoffserviette oder einem sauberen Geschirrtuch aus Leinen, Halbleinen oder Baumwolle, suche sich den größten verfügbaren Topf und lege los.
Natürlich kann man den Knödel ganz und gar ohne Kräuter herstellen, oder aber zur Verfeinerung auf Gartenkräuter wie Petersilie und Schnittlauch zurückgreifen. Die besondere Note erhält man allerdings mit Wildkräutern der Saison. Im Sommer sind dies zum Beispiel:
Spitzwegerich-Blätter
Schafgarben-Blätter
Quendel (wilder Thymian) -Blätter und Blüten
Dost (wilder Oregano) – Blätter und Blüten
Brennnessel-Samen (getrocknet und geröstet)
Gundermann-Blätter


Zutaten für ca. 6-8 Personen als Beilage:
6 altbackene Brötchen
6 Eier
ca. 1/2 l Milch
1/2- 1 TL Salz
Pfeffer
Wildkräuter
Butter
1 Handvoll Wildkräuter (siehe oben)


Zubereitung:
Sofern kein fertiges „Knödelbrot“ beim Bäcker erhältlich ist, werden (übriggebliebene) Brötchen oder Brotreste (vorzugsweise aus hellem Mehl) in 1-2 cm dicke Scheiben und dann in Würfel geschnitten. Anschließend werden die Brotwürfel auf einem Backblech ausgebreitet und getrocknet. Achtung: die Brötchen sollten unbedingt geschnitten werden bevor sie trocken (und damit hart) sind. Danach sollte sie aber möglichst vollständig trocknen, da sie dann mehr Flüssigkeit aufnehmen können.
Die Eier in eine Schüssel aufschlagen und mit ca. 1/4 l Milch in verquirlen. Die Eiermilch mit ca. 1/2 TL Salz und frisch gemahlenem schwarzen Pfeffer würzen. Dann die getrockneten Brötchen- oder Brotstücke dazugeben und alles vermengen. Die Masse eine Weile stehen lassen, bis das Brot die Flüssigkeit aufgesogen hat. Je nachdem wie trocken das Brot ist, muss nach und nach noch mehr Milch dazugegeben werden. Die Masse so lange einweichen, bis das Brot weich ist, aber keine Flüssigkeit vorhanden ist. Der „Teig“ sollte sich auf jeden Fall noch formen lassen.
In der Zwischenzeit in einem großen Topf Wasser mit ein wenig Salz zum Kochen bringen und die Kräuter waschen und fein hacken.


Wenn die Masse eingeweicht ist, die gehackten Kräuter untermischen.
Das saubere Tuch gründlich unter fließendem Wasser auswaschen (um eventuelle Waschmittelreste zu entfernen), dann gut auswringen und auf der Arbeitsfläche ausbreiten. Mit einem Stück Butter das Tuch in der Mitte einreiben, damit der Kloß sich später auf jeden Fall löst. Die Brotmasse in der Mitte als „Berg“ hineinsetzen und das Tuch anschließend von allen Seiten anheben und über dem „Berg“ mit einem Bindfaden zusammenbinden. Dabei sollte noch etwas Luft im Tuch bleiben, da der Kloß beim Garen aufgeht.


Nun den Serviettkloß mit einem Bindfaden an einen langen Kochlöffel binden (oder an den Haken über dem Kessel) und das Tuch mit der Brotmasse vorsichtig in das leicht simmernde Wasser gleiten lassen. Der Bindfaden sollte so lang sein, dass der Kloß vollständig im Wasser ist, aber nicht den Topfboden berührt.


Nun den Kloß knapp unter dem Siedepunkt 45 bis 60 Minuten garen. Anschließend den Kloß mit dem Tuch aus dem Wasser nehmen und in eine flache Schale legen. Das Tuch aufbinden und den Kloß herausgleiten lassen.


Den Kloß nach Belieben mit einem Stück Butter und ein paar Wildkräutern belegen. Zum Servieren wird der Serviettkloß traditionell mit einem dünnen Bindfaden in dicke Scheiben geschnitten. Man kann ihn aber auch mit einem großen Messer aufschneiden. Möglichst bald servieren.




Wichtiger Hinweis: Wildpflanzen und andere Pflanzen dürfen nur als Lebensmittel verwendet werden, wenn sie 100%ig sicher bestimmt werden können! Für die sichere Erkennung unbedingt zuverlässige Bestimmungsbücher zu Rate ziehen und an Wildpflanzen-Führungen und -Schulungen teilnehmen. Die Verwechslung mit giftigen Doppelgängern muss ausgeschlossen werden können!
Auch für die äußerliche Anwendung von Wildpflanzen ist eine absolut sichere Bestimmung Voraussetzung. Selbst für Dekorationszwecke, insbesondere für Tischdekoration sollten nur ungiftige Wildpflanzen verwendet werden.
Außerdem unbedingt die Vorschriften zum Naturschutz beachten und nur nachhaltig sammeln! Unter Schutz stehende Wildpflanzen dürfen nicht gesammelt werden!
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